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Manchmal geht was schief…

Wer in den Bergen aktiv unterwegs ist, der weiß dass auch mal etwas schief gehen kann. Natürlich rechnet Niemand damit und denkt wie wir, dass wohl nix passieren wird.

Gut, wenn man trotz der Annahme, dass schon nix passieren wird, man auf solche Ereignisse vorbereitet ist und routiniert weiß was im Notfall zu tun ist. Das bringt nicht nur Sicherheit sondern auch eine gewisse Ruhe in einen plötzlichen ungeplanten Notfall…

Tja…und da hat es uns dann am 04.07.2015 selbst getroffen. Manchmal geht eben etwas auf einer Bergtour auch mal schief.

Eine ganz normale Bergtour

2015 waren wir im Sommer in der Schweiz. Wir haben jeden Tag Touren unternommen. Große hohe Touren, anspruchsvolle und lange Bergtouren. Am 04.07.2015 hatten wir zur Entspannung nichts Großes geplant. Es sollte zum Ausgleich eine einfache Bergtour werden.
Wir hatten uns dafür einen Teil des Walliser Sonnenweges ausgesucht.  Eine schöne Bergtour auf einer Höhe von nicht mal 1700m aussichtsreich über dem Rhone-Tal bei Gampel-Bratsch (CH).

Wie man auf dem Foto sieht, ist der Jeizinen bzw. der Bereich Jeizinen bergsportlich nicht besonders herausfordernd. Für Schweizer Verhältnisse ist es eher ein Hügel als ein Berg. So sind wir die Tour auch von Gampel-Bratsch aus ganz locker angegangen. Wir haben uns für einen Teil des Berges sogar die kleine Bergbahn gegönnt.

„Auch auf einer unscheinbaren Bergtour können große ungeplante Ereignisse plötzlich die Situation vollkommen umwerfen.“

Mathias Hense

Ok, an dem Tag war es im Tal selbst unerträglich warm. Da die Tour aber im Bereich von 1500 – 1700 Höhenmetern lag, hatten wir dort oben etwas kühlere Verhältnisse erwartet und auch vorgefunden. Wie bei uns üblich haben wir auch diese Tour mit kompletter Ausrüstung unternommen und aus unserer Sicht auch mit ausreichend Trinkwasser.
Es war Anfangs eine lockere Tour mit einigen interessanten Tiefblicken und Pausen. Uns (Petra, Kathy und mir) ging es gut.

Irgendwann auf der Strecke gab es sogar ein kleines Bächlein, an dem wir uns noch erfrischten. Alles unspektakulär und wie immer. Klar, der Bergweg hat eine südseitige Ausrichtung und war entsprechend aufgeheizt. Wir trugen Sonnenschutz und fühlten uns durchaus wohl.
Irgendwann auf dem Weg ging es Petra plötzlich schlechter und sie fühlte sich K.O. Wir machten längere Pausen und gingen langsamer weiter. Ihre Kräfte ließen aber weiter nach und Ihre Trittsicherheit ließ merklich nach. Sie trank Ihren Wasservorrat in kurzer Zeit auf. Da es Ihr weiterhin schlechter ging, suchten wir einen halbwegs schattigen Platz auf und pausierten dort. Es ging Ihr rapide schlechter. Wir machten dann das, was man in einer solchen Situation macht. Mehr zu trinken geben…nasse Tücher auf die Stirn… Es half nix.
Da war uns relativ schnell klar, dass die Situation eskaliert. Die Situation spitzte sich auch weiter zu und dann war klar: Das geht Richtung Kreislaufversagen. Da die Ansprechbarkeit auch nachließ, spulten wir das Notfall-Standardprogramm ab. Noch mehr zu trinken, Dextro… maximal 15 min. warten ob Besserung eintritt. Es wurd nicht besser. Auch obwohl Petra darum bat, keine Notfallmaßnahmen einzuleiten, war für mich klar. Jetzt haben wir einen Notfall und benötigen Hilfe.
Gut, wenn man vorbereitet ist und genau weiß, was wann zu tun ist. Also spulte ich genau das ab, was ich mal gelernt hatte. Kurzwahl-Alpin-Rettung, Kurzbeschreibung der Situation. Anhand der detaillierten Ortsangaben (GPS-Daten, Wegbezeichnung, Höhe) ergab das Gespräch mit der Leitstelle, dass nur ein Hubschrauber-Einsatz im Fels in Frage kommt. Es wurde ein Hubschrauber der Air-Zermatt geordert. Die Leitstelle hat dann eine Schaltung zwischen mir und der Crew hergestellt. Ich wusste nicht, dass der Hubschrauber direkt unten im Tal stationiert war und wir uns deswegen dann schnell koordinieren konnten. Schnell war unser Standort ausgemacht und der Helikopter flog an.
Wir stimmten ab, dass an der Stelle, an der Petra lag, keine direkte Bergung oder Landung stattfinden konnte. Also fanden wir einige Meter weiter an der Felswand eine Stelle, an der zumindest der Notarzt zu uns kommen konnte.
Was dann folgte, werden wir alle wohl nie vergessen. Allgemein gelten die Piloten bzw. die ganze Crew der Air-Zermatt ja als absolute Flug- und Rettungsspezialisten. Was die Jungs an dem Tag aber leisteten, kann man schon als professionelles Kunststück bezeichnen. Zwei kurze Anflug-Versuche in die Wand, der Heli stellte sich praktisch steil mit der Front nach oben und es passte wirklich zwischen Fels und Rotor-Blättern keine Zeitung mehr. Es reichte aber, damit der Notarzt aus dem Hubschrauber auf den Bergpfad springen konnte.

Der Notarzt kümmerte sich dann um Petra. Sie war soweit stabil, dass Sie im Rahmen der Möglichkeiten etwas mit unterstützen konnte und der Notarzt mit dem Heli vereinbarte, dass eine Winden-Rettung die einzige schnelle Lösung ist, da er sagte, dass Sie auf jeden Fall ins Krankenhaus muss. Der Rest war schnell durch. Rettungsgurt um, für den Transport vorbereiten, stabilisieren. Wir stimmten dann kurz mit dem Notarzt ab, dass wir beide (Kathy und ich) auf normalem Wege absteigen und dann auch zum Krankenhaus kommen würden. Jetzt konnten wir Petra sowieso nicht helfen. In der Zeit war der Heli im Standby und wartete auf das Signal des Notarztes. Dann flog der Heli wieder zu uns, und Notarzt sowie Petra wurden eingehängt. Dann flogen Sie in´s Tal. Dort wurde dann von Winde auf den Standard-Transport im Heli gewechselt. Dann flogen Sie Petra in´s Krankenhaus.

Katharina und ich stiegen ab, reflektierten auf dem Weg ins Tal nochmal kurz das Erlebte. Für Kathy war so ein Notfall das erste Mal und Sie war entsprechend aufgewühlt. Als wir wieder auf dem Campingplatz waren, fuhren wir ins Krankenhaus.

Als wir im Krankenhaus eintrafen wurden wir super freundlich und umfänglich betreut. Das kannnten wir so aus Deutschen Krankenhäusern nicht. Petra  ging es schon wieder relativ gut. Sie hatte Infusionen bekommen und war stabilisiert worden. Die Ärzte vermuteten trotz der vielen zugenommenen Flüssigkeit eine Dehydrierung und das daraus resultierende Kreislaufversagen.

Rückblick

Im Nachhinein haben wir natürlich das Ereignis in allen Richtungen besprochen und bewertet. Das war nun mal etwas, was passieren kann. Es ist alles richtig gelaufen und wir haben alle in dieser Situation funktioniert. Sowas geht aber nur, wenn man sich mit solchen etwaigen Ereignissen auseinandersetzt, eine entsprechende Ausrüstung dabei hat und auch in einer solchen Extrem-Situation Ruhe bewahrt.
Soweit konnten wir sagen:  Ende gut, alles gut.

Bittere Erkenntnis Wochen später

Uns war klar, dass die Air-Zermatt bzw. das Team der Station Raron an dem Tag Unglaubliches geleistet hatten. Dafür waren und sind wir dankbar. Wir haben uns auch nochmal persönlich am nächsten Tag bei der Crew bedankt. Es waren vom Heli-Port bis zum Camping-Platz nur ein paar hundert Meter. Die Crew hat sich richtig gefreut, da es wohl doch eher selten vorkommt, dass Betroffene sich beim Team bedanken. Für uns war es eine Selbstverständlichkeit.

Dass dieser Rettungseinsatz im Ausland natürlich bezahlt werden muss, war uns klar. Krankenhaus bezahlt ja die Krankenkasse. Aber wir, als durchaus routinierte und erfahrene Bergwanderer und Bergsteiger hatten natürlich selbstverständlich eine DAV-Mitgliedschaft und Reise-Krankenversicherung. Da dachten wir noch, dass die Heli-Bergung auf jeden Fall durch die DAV-Versicherung abgedeckt ist. Steht ja auch so in den Unterlagen und der DAV macht ja Werbung dafür.

Die Erkenntnis kam Wochen später. Nach unendlichem hin und her war klar: Der DAV bezahlt keinen Pfennig. Es gibt dort wie bei allen Versicherungen „das Kleingedruckte“.  Rettung und Bergung sind bei Versicherungen feine aber klare Unterschiede, die der Kunde kaum überblickt. Also schien es so, dass wir die Kosten (Nur allein die Helikopter-Bergung kostete über 1800 Schweizer Franken).

Wir waren schon frustriert und befürchteten, dass wir auf allen Kosten sitzen bleiben würden.
Naja…manchmal passt der Spruch „Wenn Du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her…“. So war es auch bei uns. Meine Krankenversicherung erklärte sich bereit, einen Teil der Bergungskosten zu übernehmen. Die Übernahme der Behandlungskosten im Krankenhaus in der Schweiz war eine Selbstverständlichkeit.

Wir mussten zwar trotzdem noch einen Batzen Geld selbst bezahlen, aber so war es schon erträglich.

Man glaubt garnicht, wie hohe Kosten bei so einer Rettung entstehen können.

Wir gehen natürlich weiter in die Berge!
Nur haben wir jetzt eine Extra-Versicherung, die ausdrücklich die Risiko-Sportart Bergsport inkludiert hat und auch Bergung sowie Rettung enthalten sind und definitiv übernommen werden. Hier haben wir uns gut beraten lassen.

Wir sind zwar weiterhin DAV-Mitglieder, aber das Vertrauen haben wir in diesen „Verein“ (die angegliederte DAV-Versicherung) verloren….

Air-Zermatt, Bergung, Notfall, Rettung

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